Process Mining und kein Ende

Das Thema „Process Mining“ (PM) lässt mich einfach nicht los, wie schon mein kritischer Artikel über diese Technologie gezeigt hat und der eine Vielzahl positiver Reaktionen hervorrief. Der Anlass meines heutigen Blog-Beitrags ist die Veröffentlichung eines Handelsblatt-Podcasts. Unter der Überschrift Celonis-Chef Nominacher: „Es geht darum, aus Datenmengen Sinn zu machen“ wird Celonis-Mitbegründer Bastian Nominacher zu den Werdegang seines Unternehmens und dessen Produkte befragt (Podcast auf Spotify anhören). Grundsätzlich freue ich mich natürlich über die positive Entwicklung eines deutschen Unternehmens, das auch im internationalen Wettbewerb Erfolge feiern kann. Dieser Siegeszug sei dem Münchener Unternehmen von ganzen Herzen gegönnt.

Allerdings störe ich mich nach wie vor an der Process Mining-Werbung von den Unternehmen, die Process Mining im Allgemeinen und die Software von Celonis im Speziellen einsetzen. Mein Kritikpunkt setzt bei den euphorischen Hurra-Meldungen an, die diese Unternehmen in schöner Regelmäßigkeit veröffentlichen. Es geht immer darum, wie erfolgreich sie ihre Prozesse aufgrund des Einsatzes von Process Mining-Software verbessern konnten. Was mich daran konkret stört, möchte ich an einer Aussage von Bastian Nominacher aus dem angesprochenen Podcast verdeutlichen. Ich beziehe mich hier auf Minute 11:02 des Podcasts, in der Bastian Nominacher die Funktionsweise von Process Mining kurz erläutert (bis Minute 11:33). Er sagt:

„Jeder dieser Schritte passiert IT-Systeme und dort entstehen diese Spuren. Und es ist genau das, was wir eigentlich nutzbar machen bei uns bei Celonis: Diese Masse von Daten, das sind sogenannte Zeitstempel oder Timestamps, für die Unternehmen erst mal sichtbar zu machen: Wie wird eigentlich gearbeitet? Und da gibt es oft ganz große Überraschungen und da natürlich auch basierend darauf Vorschläge zu machen, wie kann ich meine Prozesse besser aufsetzen, wie kann ich effizienter arbeiten, wie kann ich vermeiden, dass Mitarbeiter unnötige Mehrarbeiten haben oder dass einfach Kunden zu spät beliefert werden.“

An dieser kurzen Sequenz stören mich konkret drei Punkte:

  1. Es kann von Process Mining-Software nur das an Prozessschritten visualisiert werden, wozu es auch entsprechende Einträge mit Zeitstempeln in den beteiligten Systemen gibt. Aber es wird in den Systemen beileibe nicht alles mitprotokolliert. Hier tappen Nutzer von Process Mining-Software nach wie vor im Dunkeln. Was da wohl noch für Überraschungen lauern?
  2. Die „großen Überraschungen“, von denen Bastian Nominacher spricht: Ich finde diese Aussage erschreckend und macht mich sprachlos – ich kann es nicht oft genug wiederholen, weil die Aussage für mich so unfassbar ist. Sie bedeutet auf den Punkt gebracht, dass derartige Unternehmen ihr Geschäft schlicht und einfach nicht im Griff haben. Es darf doch in den Kernprozessen eines Unternehmens keine Überraschungen geben! Als verantwortlicher Manager muss ich „meinen Laden“ doch kennen und wissen, was wann wo abläuft. Ich kann nur überrascht werden, wenn ich keinen Durchblick habe. Wie gesagt, ich spreche hier nicht von irgendwelchen unbedeutenden Prozessen, sondern von denen, in denen sich das Unternehmen von der Konkurrenz unterscheiden möchte und bei denen es sich Wettbewerbsvorteile erarbeiten könnte. Der Einsatz von PM-Software und das Marketing dafür sendet also eine höchst zweifelhafte „Werbebotschaft“ an den Markt. Würden Sie einem solchen Unternehmen vertrauen? Warum diese Unternehmen dennoch massenhaft und völlig ungeniert für beispielsweise Celonis werben, ist mir ein völliges Rätsel.
  3. Die Celonis-Software bietet Vorschläge zur Verbesserung der erkannten Schwachpunkte an. Das ist sicherlich ein nettes Feature, adressiert am Ende des Tages aber „nur“ die evolutionäre Innovation, nicht aber die für Unternehmen und für deren digitale Transformationen viel wichtigere disruptive Innovation (zur Unterscheidung und insbesondere die Bedeutung der beiden Innovationsarten, siehe meinen Artikel über das Innovator’s Dilemma). Es wird bei den betroffenen Prozessen mehr oder weniger punktuell optimiert. Das ist für ein Unternehmen, dass sich den Herausforderungen der digitalen Transformation stellen muss, eindeutig zu wenig!

Wie ich in meinem Artikel zu Process Mining schon schrieb, verfolge ich mit dem Prozessgesteuerten Ansatz hingegen ein ganz anderes Ziel, nämlich Process Mining-Software gänzlich überflüssig werden zu lassen. Denn explizit auf BPMN-Basis modellierte und ausgeführte Prozesse brauchen kein Process Mining.

Außerdem werden durch derartige explizite Modelle auch wirklich sämtliche Prozessdetails aufgedeckt, wovon Process Mining, wie unter Punkt 1 erläutert, nur träumen kann. Da bleibt keine Lücke unentdeckt.

Last but not least steht der Prozessgesteuerte Ansatz für die effiziente Implementierung nicht nur von evolutionären, sondern eben auch von disruptiven Innovationen. Er bietet Unternehmen also einen ganzheitlicheren Lösungsansatz, als dies Process Mining jemals leisten könnte.

Sämtliche Kritikpunkte werden durch den Prozessgesteuerten Ansatz also entschärft. Worauf warten Sie also noch?

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