Der Prozessgesteuerte Ansatz in der Fertigungsautomatisierung: Best Paper Award auf der CIRPe 2021

In meinen Vorträgen und Veröffentlichungen betone ich stets die Bedeutung des Prozessgesteuerten Ansatzes nicht nur für betriebswirtschaftliche Prozesse. Selbstverständlich ist der Ansatz beispielsweise auch für Fertigungsprozessen einsetzbar.

Aus diesem Grund arbeite ich seit geraumer Zeit mit dem Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (kurz FAPS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zusammen. Aus dieser Zusammenarbeit und unter Beteiligung der exentra GmbH sowie der Flowable Germany GmbH entstand nun eine Veröffentlichung, die am 28.10.2021 auf der namhaften Konferenz CIRPe 2021 mit dem Best Paper Award ausgezeichnet wurde. Bei der CIRP handelt es sich laut eigener Aussage um „die weltweit führende Organisation im Bereich der produktionstechnischen Forschung und steht an der Spitze der Entwicklung, Optimierung, Steuerung und Verwaltung von Prozessen, Maschinen und Systemen“ (siehe https://cirpe2021.sciencesconf.org/).

In unserem Beitrag mit dem Titel „Reference Architecture and Agile Development Method for a Process Driven Web Platform based on the BPMN Standard and Process Engines” schlagen wir eine Referenzarchitektur und eine agile Entwicklungsmethode für Engineering-Plattformen vor, die im Kern auf dem Prozessgesteuerten Ansatz ruht und somit auf dem bewährten BPMN-Standard unter Einsatz von Prozess-Engines. Das Papier steht sowohl bei ScienceDirect als auch bei ResearchGate zum Download bereit. Der Prozessgesteuerte Ansatz setzt somit seine Erfolgsgeschichte auch in der Fertigungsautomatisierung fort. Ich wünsche viel Spaß bei der Lektüre!

ServiceNow und Celonis gehen strategische Partnerschaft ein: Eine Gefahr für SAP?

Vor gut zwei Wochen, am 06.10.2021, kündigten Celonis und ServiceNow eine strategische Partnerschaft an (siehe z.B. die Veröffentlichungen dazu auf den jeweiligen Webseiten von Celonis und ServiceNow). Durch diesen Schritt wird einmal mehr ein Trend offensichtlich, der sich schon durch SAP‘s Kauf von Signavio (siehe hierzu auch meinen Blog-Beitrag vom 28.01.2021) angedeutet hatte: Unternehmen, die Process Mining-Lösungen anbieten, kooperieren mit Lösungsanbietern, um die mittels Process Mining erkannten Prozessdefizite beheben zu können. Sowohl in meinem kritischen Grundlagenartikel zu Process Mining als auch in o.g. Blog-Artikel ging ich auf diese Problematik bereits ein und es war natürlich abzusehen: Nur mit den Erkenntnissen über Unzulänglichkeiten in den eigenen Abläufen ist kein Blumentopf zu gewinnen. Erst die daraus abgeleiteten Handlungen zur Behebung der Schwachstellen bringen ein Unternehmen wirklich nach vorne. Und genau diese Entwicklung können wir an der Celonis/ServiceNow-Partnerschaft sehr schön beobachten!

Ist das nun die Trotzreaktion von Celonis, die sich schon nach dem SAP-Signavio-Deal angedeutet hatte? Wie muss sich Celonis wohl gefühlt haben, als sich SAP durch den Kauf von Signavio eine eigene Process Mining-Lösung in ihr Produkt-Portfolio holte? Offensichtlich ist das Münchener Vorzeigeunternehmen bei der Suche nach einem passenden Lösungsanbieter in ServiceNow nun fündig geworden. Aus meiner Sicht sind an dieser Partnerschaft zwei Aspekte besonders hervorzuheben:

  1. Der CEO von ServiceNow ist niemand geringerer als Ex-SAP-CEO Bill McDermott
  2. Mit ServiceNow steigt ein Anbieter in den Ring, der neben Standardlösungen auch eine Low-Code-Entwicklungsumgebung auf Basis grafischer Workflows anbietet

Punkt 1 ist besonders delikat: Bill McDermott kennt die SAP aus seiner Zeit als SAP-CEO natürlich wie seine Westentasche und weiß somit um SAP’s Stärken und Schwächen. Der Deal hat also ein ganz besonders „Geschmäckle“ und man darf gespannt sein, wie aggressiv er mit ServiceNow sein ehemaliges Unternehmen angeht. Nutzt er die (vermeintlichen) Schwächen der SAP zu seinen Gunsten?

Aber auch Punkt 2 ist nicht zu unterschätzen: ServiceNow setzt auf eine Low-Code-Plattform, die sie aggressiv mit der Eigenschaft bewirbt, Workflows in kürzester Zeit umsetzen zu können – und das auf grafischer Basis. Das ist durchaus bemerkenswert und bestätigt meine Einschätzung, wohin die Reise bei der Implementierung von Abläufen zukünftig hingehen wird. Obwohl ServiceNow mit Ihrer Plattform zwei offensichtliche Fehler begeht (welche sind das wohl 😉?), die beispielsweise die SAP zu ihrem Vorteil nutzen könnte, gibt ihnen der Erfolg dieser Strategie aktuell recht. Wie wird die SAP auf diese Kampfansage jetzt wohl reagieren? Ich hätte da einen Vorschlag 😉. Wie dem auch sei: Es wird auf alle Fälle spannend zu beobachten sein, wie sich der hier abzeichnende Zweikampf der Systeme zwischen den Paaren SAP/Signavio und ServiceNow/Celonis weiterentwickeln wird. Ich werde Sie diesbezüglich hier auf meiner Plattform natürlich auf dem Laufenden halten! Seien Sie also gespannt 😊.