Digitalisierung und der „Prozessgesteuerte Ansatz“

Eigentlich sollte es nur ein kurzer Blog über die Digitalisierung und dessen Auswirkungen auf Unternehmen werden. Konkret sollte die Notwendigkeit für Unternehmen herausgearbeitet werden, den Schritt hin zur individuellen Softwareentwicklung zu wagen, um mit Produkten und Dienstleistungen noch erfolgreicher zu werden. Doch dann wurde der Blog immer länger, so dass ich mich schließlich dazu entschloss, ihn in Form eines Artikels auf meiner Webseite zu veröffentlichen.

So ist also ein neuer Artikel entstanden, den ich heute unter dem Titel Systematische/strukturierte Digitalisierung mit dem „Prozessgesteuerten Ansatz“: Ein Plädoyer für die Individualentwicklung im Zeitalter der Digitalisierung veröffentlicht habe. Die wesentlichen Kernbotschaften fasse ich für ganz Ungeduldigen hier gerne zusammen:

  • Digitalisierung bedeutet für Unternehmen den gezielten Einsatz von IT im Kerngeschäft, um im scharfen Wettbewerb besser zu sein als die Konkurrenz und um somit zu gewinnen.
  • Um besser zu sein, müssen Unternehmen neben Innovationen im Kerngeschäft (Produkte, Dienstleistungen) im Zuge der Digitalisierung zunehmend auch im IT-Bereich innovativ sein. Das ist eine der wichtigsten Lehren, die Unternehmen aus der Digitalisierung ziehen müssen.
  • Die bisher erfolgreich eingesetzte Strategie, anfallende Herausforderungen im IT-Bereich durch den Kauf von Standardsoftware zu lösen, fällt für die Individualisierung im Kerngeschäft aus. Standardsoftware wickelt nun mal nur Standardprozesse ab, die sich bereits über Jahre in der jeweiligen Industrie etabliert und bewährt haben. Innovationen für das Kerngeschäft eines Unternehmens sind hier nicht zu erzielen.
  • Wenn Unternehmen im Kerngeschäft durch IT-Einsatz innovativ sein müssen, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen, so gelingt dies folglich nur über Individualentwicklung.
  • Unternehmen müssen sich dabei für die Individualentwicklung auf ihre Kernprozesse fokussieren und verstehen, wie sie sich diese von Standardprozessen unterscheiden.
  • Der Einsatz des „Prozessgesteuerten Ansatzes“ nimmt den Unternehmen Berührungsängste mit der individuellen Softwareentwicklung ab. Der Ansatz hilft auf Basis von Prozessmodellen bei der zielgerichteten Identifikation der Bereiche im Unternehmen, wo eine Digitalisierung lohnt und erlaubt gleichzeitig den sanften Einstieg in die Individualentwicklung aufgrund einer stringent fachlich motivierten Vorgehensweise!

Neugierig geworden? Dann schauen Sie vielleicht doch mal schnell hier vorbei. Ich wünsche jedenfalls viel Spaß bei der Lektüre 🙂

IT-/Prozess-Fiasko bei der Deutschen Bank

Es war die Schlagzeile des gestrigen Tages (07.07.2020) auf boerse.ard.de: „Deutsche Bank und Google werden Partner“. Was hat die Deutsche Bank nicht schon alles versucht, um aus ihrem IT-Schlamassel herauszukommen? Die folgenden Zitate aus dem oben verlinkten Online-Artikel geben einen Einblick in das Drama:

  • „Bei der größten deutschen Bank ist die IT schon seit langer Zeit eine Großbaustelle.“
  • „So hatte der frühere Konzernchef John Cryan die IT der Bank kurz nach seinem Amtsantritt 2015 öffentlich als ‚lausig‘ bezeichnet.“
  • „Die Ex-IT-Chefin Kim Hammond, die eigentlich die Probleme lösen sollte, musste Anfang 2018 nach nur kurzer Zeit im Amt wieder gehen. Zuvor hatte sie die Bank bei einer internen Tagung als das „dysfunktionalste Unternehmen„, für das sie je gearbeitet habe, bezeichnet.“
  • „Das größte Problem der Deutschen-Bank-IT sind nach wie vor die vielen verschiedenen Systeme.“
    Anmerkung: So ist das nun mal. Damit hat jedes Unternehmen zu kämpfen, nicht nur die Deutsche Bank. Aber offensichtlich ist die Deutsche Bank selbst nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Wieder ein Unternehmen, das die eigenen Prozesse nicht beherrscht!
  • „2012 hatte die größte deutsche börsennotierte Bank SAP damit beauftragt, die Plattformen zu harmonisieren. Das unter dem Namen Magellan bekannte Großprojekt scheiterte jedoch.“
    Anmerkung: Kein Ruhmesblatt für das ansonsten erfolgsverwöhnte deutsche IT-Vorzeigeunternehmen. Daher jetzt vielleicht der Wechsel zu den vermeintlich überlegenen Amerikanern?
  • „Der frühere SAP-Manager Bernd Leukert, der bei der Deutschen Bank inzwischen im Vorstand für Technologie, Daten und Innovation verantwortlich ist, sieht in der Zusammenarbeit mit Google einen bedeutenden Schritt für die Technologiestrategie der Bank.“
    Anmerkung: Dieses Zitat (v)erschreckt mich zutiefst! Ein ehemaliger hochrangiger SAP-Manager gibt indirekt das Versagen seines ehemaligen Brötchengebers in dieser Angelegenheit zu. Auch er sieht augenscheinlich nur noch das Heil in der Flucht in die Fänge eines möglichen Heilsbringers. Offensichtlich bietet SAP keine konkurrenzfähige Technologie für die Cloud an, sonst wäre ja ein solcher Schritt nicht notwendig – und als ehemaliger SAP-Entwicklungsvorstand, der bei der SAP für die Cloud-Technologie verantwortlich war (!!!), muss er es wissen. Ich frage mich nur, warum andere SAP-Kunden auf die Cloud-Technologie des Walldorfer Unternehmens zurückgreifen sollen, wenn selbst ein ausgesprochener Kenner der Szene und der SAP-Cloud-Lösung ihr nicht vertraut? Das ist schon starker Tobak.
    Tatsächlich halte ich diese Aussage Bernd Leukerts für die SAP für brandgefährlich!

Das ist eine Liste des Schreckens, ein Desaster! Nun also Google. Verbunden damit ist wohl die Hoffnung, von Googles Cloud-Angebot und den Erfahrungen im Big Data-Bereich zu profitieren. Bei mir schwingen dagegen eher Zweifel mit. Für mich ist es tatsächlich eine Bankrotterklärung, eine Verzweiflungstat. Nachdem alles nicht funktioniert hat (die obige Liste ist beeindruckend und erschreckend zugleich), greift man nun nach dem wohl allerletzten Strohhalm: Einem (ohne Zweifel) IT-erfahrenen Anbieter mit klingendem amerikanischen Namen. Da muss es doch jetzt endlich klappen. Ich bezweifele das, weil meiner Meinung nach Abhängigkeiten geschaffen werden, die nicht zu einer vernünftigen Digitalisierungsstrategie passen. Wenn wir doch eins aus der Digitalisierung gelernt haben, dann ist es doch der Wandel von Unternehmen hin zu IT-Unternehmen. Digitalisierung bedeutet ein Mehr an IT, ein Mehr an Software. In einem Artikel auf der Online-Plattform CIO wird dieser Sachverhalt beeindruckend thematisiert: Softwareentwickler: die neuen Königsmacher.

Wer diese Entwicklung nicht versteht, versteht die Digitalisierung nicht. Folglich müssen Unternehmen diese Kernkompetenz in ihren eigenen Reihen aufbauen und eben nicht, wie es die Deutsche Bank gerade plant, auslagern. Die Deutsche Bank begeht meiner Auffassung nach einen doppelten Fehler: Sie lagern ihre Kernprozesse aus und sie lassen ihre Software extern betreiben. Damit begeben sie sich in eine doppelte Abhängigkeit, wo doch die Unabhängigkeit in den Kernkompetenzen oberstes Gebot der Stunde sein sollte. Auch das hat uns doch die Corona-Pandemie gelehrt: In einer Krise ist Unabhängigkeit Trumpf!

Dabei bietet gerade der „Prozessgesteuerte Ansatz“ genau die Lösung, wonach die Deutsche Bank so händeringend sucht. Der Ansatz erlaubt aufgrund ihrer flexiblen Architektur Innovationen voranzutreiben und gleichzeitig in der existierenden IT-Landschaft aufzuräumen – eine Operation am offenen Herzen also. Außerdem verbleibt die Kernkompetenz (die Prozesse des Bankengeschäfts) im eigenen Hause. Vielleicht sollte die Deutsche Bank es einmal damit versuchen, statt sich im Akt der Verzweifelung einem amerikanischen Großunternehmen auszuliefern!

Nicht beherrschte Prozesse: Betrug bei Corona-Hilfen

Die Schlagzeilen machen einen sprachlos! Sie haben es sicherlich auch gelesen: In Berlin begann der erste Prozess (diesmal ein juristischer Prozess 😉 ) wegen Betrügereien rund um die Corona-Soforthilfen (siehe z.B. Artikel in der Süddeutschen oder in der FAZ).

Die FAZ-Autorin Julia Schaaf titel wie folgt: „Eine Art Goldgräberstimmung breitete sich aus. Was sind das für Leute, die ohne existentielle Not Corona-Hilfen beantragt haben?“

Die Verteidigung des Angeklagten argumentiert wie folgt: „Wo es einem allzu leicht gemacht werde, illegal an Geld zu kommen, wiegt die Schuld vielleicht nicht ganz so schwer.“

Man fasst es kaum, wenn man derartige Zeilen liest. Das letzte Zitat bringt es aber auf den Punkt: Schnell zusammengeschusterte Prozesse ohne jegliche Überprüfungen (wie kann es sein, dass nicht existierende Firmen Hilfen bekommen konnten?) laden zum Betrug ein. Es ist abermals ein Beispiel für ein Unternehmen (in diesem Fall die Investitionsbank Berlin (IBB)), das seine Prozesse nicht beherrscht – mit noch nicht absehbaren Folgekosten auch für die Allgemeinheit. Man kann die Ausreden der IBB-Verantwortlichen förmlich schon hören: „Wir standen unter hohem Druck und die Gelder mussten schnell fließen. Wir hatten nicht genügend Zeit… Uns standen nicht genügend Informationen zur Verfügung, usw. usw.“ Man kann nur verzweifeln…

Künstliche Intelligenz im Mittelstand

Gestern (am 30.06.2020) fand ein hochinteressantes Online-Seminar zum Thema „Künstliche Intelligenz – einsatzbereit für den Mittelstand?“ veranstaltet vom BVMW (dem Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft) statt (Ankündigung des Online-Seminars unter diesem Link). Sprecher waren Prof. Gölzer von der Technischen Hochschule Nürnberg (Professor für die Digitale Fabrik und Materialflusssysteme) und Jens Horstmann, seines Zeichens Vorstand der Trevisto AG.

Gleich zu Beginn seines Vortrags überraschte Prof. Gölzer mit der provokanten Frage, ob man den Titel der Veranstaltung nicht eigentlich umdrehen müsste. Statt also zu fragen, ob die Künstliche Intelligenz (KI) einsatzbereit für den Mittelstand sei, müsste man stattdessen nach der Einsatzbereitschaft des Mittelstandes für KI fragen! Ein Paukenschlag gleich zu Beginn – Chapeau Hr. Prof. Gölzer!

Denn was im Anschluss kam, war herzerfrischend offen und in der Aussage unmissverständlich: Liebe Unternehmer, macht erst einmal Eure Hausaufgaben und kümmert Euch um Eure Prozesse, ehe Ihr überhaupt darüber nachdenkt, in KI zu investieren. Eine Kernaussage von Prof. Gölzer lautete nämlich (Quelle: eine seiner Folien, die allerdings nicht durchnummeriert waren): „Ansatzpunkt für Künstliche Intelligenz sind Entscheidungen auf der untersten Ebene von Geschäftsprozessen“.

Also kann ein sinnvoller Einsatz von KI doch nur dann beurteilt werden, wenn Unternehmen ihre Prozesse bis ins letzte Detail kennen! Genau diese Voraussetzung ist aber in den wenigsten Unternehmen erfüllt!

Prof. Gölzer bestätigte nämlich auf Nachfrage, dass Unternehmen nicht in der Lage seien, ihre Prozesse vernünftig aufzuschreiben und dass ihn dieser Sachverhalt selbst immer wieder erstaune. Interessanterweise kam er im Laufe seines Vortrages beständig auf diesen Punkt des Aufschreibens der Prozesse zu sprechen und wie eminent wichtig dies sei. Mich wunderte lediglich, dass er auf die Nachfrage, wie man denn nun konkret Prozesse aufschreiben solle, eher verlegen und hilfesuchend Hrn. Horstmann anblickte. Leser meines Blogs kennen natürlich die Antwort auf diese Frage: BPMN.

Nichtsdestotrotz wies Prof. Gölzer unmissverständlich den Weg: Unternehmen müssen ihre Prozesse verstehen! DAS ist die Voraussetzung für den Einsatz von KI und für die gesamte Digitalisierungsbewegung, in der wir uns befinden. Diese Aussage unterstütze ich ausdrücklich!

Gerade im Zeitalter der Digitalisierung ist es mir völlig unbegreiflich, wie es sich Unternehmen leisten können, sich in ihren Kernprozessen nicht bis ins letzte Detail auszukennen. Auf der einen Seite nehmen sie sich unnötigerweise jede Möglichkeit des Eingreifens in die Abläufe und damit Innovationspotenzial. Andererseits sind Sie dadurch für jede Art von Veränderung anfällig, denn sie wissen nicht, wo sie ansetzen müssen. Sie müssen in der Folge tatenlos zusehen, wie die Konkurrenz an ihnen vorbeizieht. Ein solches Verhalten ist in meinen Augen verantwortungslos und gefährdet die Existenz von Unternehmen sowie unzähliger Arbeitsplätze! Dabei ist die Antwort darauf so einfach…

Abschließen möchte ich meinen heutigen Blog-Beitrag mit DEM Zitat schlechthin, das Sie ja auch von meiner Homepage her kennen, das treffender in Bezug zu obiger Analyse kaum sein könnte und das mir wie keine Anderes aus der Seele spricht:

If you can’t describe what you are doing as a process, you don’t know what you’re doing.

W. Edwards Deming

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!