24.06.2021: THI-Studierende unterstützen Kulturschaffende – ein historischer Moment

Es ist der 24.06.2021, 16:00 Uhr – ein 13-köpfiges Studierendenteam sitzt angespannt vor Ihren Computer-Bildschirmen und fiebert den ersten Klick entgegen. Prof. Rasch, Studiengangleiter der Wirtschaftsinformatik an der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI), übernimmt die Rolle eines Konzertbesuchers und wird durch die präzisen Anweisungen von Jannik Füllgraf, einer der Studierenden, auf das vorbereitet, was ihn gleich erwartet. Und dann ist es soweit: Prof. Rasch klickt auf den Link, der vielleicht eines Tages in die Geschichte eingehen könnte…

Drei Monate vorher

Mitte März 2021: Das Sommersemester an der THI steht vor der Tür. Für die Wirtschaftsinformatiker des 6. Semesters bedeutet dies die Teilnahme an einem Industrieprojekt. Unglücklicherweise sprang ein ansonsten zuverlässiger Industriepartner aus der Automobilindustrie (😉) Mitte Februar ab und es musste händeringend Ersatz gefunden werden. Zum Glück fand sich in der exentra GmbH aus Pfaffenhofen ein junges, aufstrebendes Unternehmen, das sich auch sofort für eine Kooperation bereiterklärte. exentra experimentierte zu diesem Zeitpunkt schon seit geraumer Zeit mit neuen Methoden zur Umsetzung von Prozessen und wollte dies nun auch an einem gänzlich neuen Thema erproben, nämlich der Anwendung der Methodik für ein eigenständiges Produkt. Bisher wurde die Methodik, die sich „Prozessgesteuerter Ansatz“ nennt, nur punktuell im Projektgeschäft bei exentra eingesetzt. Der Ansatz lieferte jedoch so vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich Entwicklungs- und Betriebseffizienz, so dass dessen Einsatz für ein alleinstehendes Produkt die logische Konsequenz war. Dennoch ist das Produktgeschäft im Vergleich zum Projektgeschäft mit seinen ganz eigenen Herausforderungen hinsichtlich Qualität und Umfang verbunden, so dass dies schon einen gewaltigen Schritt für den Ansatz bedeutete. Mit dem Leiter der Softwareentwicklung bei exentra, Markus Herhoffer, fand sich dann auch schnell ein anerkannter Experte für professionelle Softwareentwicklung. Der Anfang war gemacht.

Das Thema

Nachdem zügig ein neuer Industriepartner gefunden werden konnte, stand die Suche nach einem geeigneten Thema für das Projekt im Mittelpunkt. Zu diesem Zeitpunkt erreichte die dritte Welle der Corona-Pandemie gerade ihren Höhepunkt. Es war eine desolate Zeit, mit vielen offenen Fragen wie es in der Wirtschaft wohl weitergehen würde. Während einige Branchen nahezu problemlos mit den Einschränkungen leben konnten, gab es doch viele Bereiche, die vor einer gänzlich ungewissen Zukunft standen. Hier sind insbesondere die Veranstalter von kulturellen Events zu nennen, deren Geschäft aufgrund der Schließungen vollständig zusammenbrach. Zudem lagen die umsatzstärksten Sommermonate vor den Veranstaltern und es stellte sich die berechtigte Frage, wie denn wenigstens diese Zeit für die Veranstalter gerettet werden könnte. Die zu diesem Zeitpunkt unüberschaubaren Auflagen schienen jeden Ansatz zur Rettung im Keim zu ersticken. Außerdem schien die Branche auch von der Politik im Stich gelassen zu werden: Immer neue Anforderungen und Auflagen erschwerten die Planungen für den Sommer massiv. Markus Herhoffer, selbst Mitglied einer Musikkapelle und Veranstalter, wusste um die Sorgen und Nöte der Branche. Folglich kreisten die Gedanken um eine IT-gestützte Lösung, die die Durchführung von Events auch zu Pandemiezeiten ermöglichen sollte. Dank der Guten Vernetzung Herhoffers mit anderen Veranstaltern fanden sich schnell Interessenten für diese Idee. So ließen sich Veranstalter von Großereignissen wie das Summer Breeze Open Air in Dinkelsbühl bis hin zu Kleinveranstaltungen wie dem Neckarsulmer Kultursommer für das Projekt gewinnen. Für sie war es eine große Chance und endlich ein Lichtblick am Ende eines endlos erscheinenden sehr dunklen Tunnels. Endlich fanden sie Gehör! Das Thema des Projekts war letztendlich gefunden: Die Erstellung und Umsetzung eines IT-Konzepts zur Implementierung von Prozessen, die die Einhaltung der Auflagen bei Veranstaltungen gewährleisten, so dass diese auch unter Pandemiebedingungen stattfinden können!

Projekt Kickoff

Am 18.03.2021 war es dann endlich soweit: Die 13 Studierenden, die sich für das Projekt entschieden hatten, trafen auf ihre Projekt-Stakeholder. Darunter versteht man in der IT Interessenvertreter, die ihre gewünschten Anforderungen in das Projekt einbringen. In Anbetracht des äußerst knappen Zeitplans (der März neigte sich bereits dem Ende entgegen und erste Ticketverkäufe waren für Juni/Juli geplant) wurde relativ schnell klar, dass Großveranstaltungen wie das Summer Breeze für das studentische Team eindeutig zu umfangreich würden. Außerdem war die Wahrscheinlichkeit für das Stattfinden derartiger Massenveranstaltungen äußerst gering. Also fiel die Entscheidung auf die Unterstützung kleinerer Events wie dem Neckarsulmer Kultursommer, bei dem eine überschaubare Besucherzahl Events mit Bestuhlung besuchen. Mit Martin Renner als verantwortlichen Veranstalter erhielt das Team einen engagierten Unterstützer, der sie mit Details zum Veranstaltungsablauf und den zu erbringenden Leistungen versorgte. Das Projekt konnte beginnen.

Teambildung

Ganz im Stile der agilen Softwareentwicklung bildeten sich zwei Teams, getrennt nach Frontend und Backend. Das Team „Sette Formaggi“ (ital. für „Sieben Käsesorten“) unter seinem Product Owner Jannik Füllgraf zeichnete sich für das Backend verantwortlich, während sich das Team „Fat Client“, wie der Name schon erahnen lässt, des Frontends annahm. Product Owner dieses Teams war Luis Wegenast. Beide Teams stürzten sich sogleich mit Feuereifer in ihre Aufgaben. Immerhin galt es, den Kultursommer in Neckarsulm zu retten. Da blieb keine Zeit für endlose Diskussionen. Hand anlegen war gefragt – und das taten die Studierenden dann auch!

Projektablauf

Das Besondere an der eingangs erwähnten Methodik des „Prozessgesteuerten Ansatzes“ ist, ein Projekt von den fachlichen Prozessen her aufzurollen. Das ist ungewöhnlich, denkt man bei Softwareprojekten doch eher in Technologien, Objekten, Programmiersprachen, Frameworks, Diensten (Services) usw. Doch nicht so in diesem Projekt. Die Studierenden konzentrierten sich von Beginn an auf die Prozesse. Und da hatten ihnen die Stakeholder einige Anforderungen ins Stammbuch geschrieben. An dieser Stelle kann nur ein Auszug aus dem umfangreichen Anforderungskatalog aufgeführt werden. Die Anforderungen verdeutlichen aber sehr schön, welcher Komplexität sich die Studierenden gegenüberstanden:

  • Schon der Ticketverkauf gestaltete sich herausfordernd: Die zu erstellenden Prozesse müssen mit beliebigen Ticketverkaufssystemen zusammenarbeiten können, denn jeder Veranstalter hat mehr oder weniger ein eigenes System.
  • Personen können beim Ticketverkauf Einzeltickets erwerben oder die Tickets für eine ganze Gruppe ordern. Wird für eine Gruppe bestellt, so ist die bestellende Person als Gruppenadministrator einzusetzen. Zu den Funktionen eines Gruppenadministrators später mehr.
  • Jedes Ticket muss aufgrund der Corona-Anforderungen personalisiert sein, damit die Nachverfolgung bei Infektionen gewähreistet werden kann.
  • Kunden mit und ohne Smartphone/Tablet müssen gleichberechtigt berücksichtigt werden.
  • Für jedes einzelne Ticket gilt es, die Bedingungen für die Teilnahme an einer Veranstaltung unter Pandemie-Beschränkungen zu gewährleisten und sicherzustellen. Dazu zählen insbesondere die Nachweise für die drei „G“: Gesundet, Gimpft, Geheilt. Außerdem muss jede Person mit Smartphone die Installation der Corona-Warn-App explizit bestätigen.
  • Wird ein Nachweis für eine Person in Form eines PDF-Dokuments hochgeladen, muss das Dokument explizit vor Veranstaltungsbeginn überprüft werden. Insbesondere ist zu klären, ob die Daten zur Person mit den Daten auf dem Nachweis übereinstimmen.
  • Sehr wichtig sind bei dieser Überprüfung natürlich auch der Zeitpunkt der Erstellung des Dokuments und der damit verbundenen Gültigkeitsdauer. So ist die Gültigkeitsdauer für eine vollständig geimpfte Person deutlich länger als die einer genesenen Person.
  • Bei einem Dokument mit relativ langer Gültigkeitsdauer, wie dies im Falle einer Impfung ja gegeben ist, ist dieses Dokument natürlich für alle Veranstaltungen, die über die Plattform gebucht werden, gültig. Dadurch ist gewährleistet, dass die Person das Dokument nur einmalig hochladen muss und dies gleichzeitig für mehrere Veranstaltungen vollautomatisch herangezogen wird.
  • Die Prozesse müssen auch die Stornierung von Tickets und die Veränderung der Gruppenzugehörigkeit behandeln können.
  • Die Personen sind, sollten sie die Unterlagen bis zum Veranstaltungstermin noch nicht vollständig bereitgestellt haben, in regelmäßigen Abständen über diesen Zustand zu informieren. Ziel ist, sämtliche Personen zur Abgabe der Dokumente zu bewegen, da sie dann beim Einlass schneller den Veranstaltungsort betreten können. Sie können die sogenannte „Fastlane“ nutzen. Personen ohne vollständig hochgeladene Dokumente müssen sich bei der „Slowlane“ einreihen, bei der sämtliche Dokumente händisch abzugleichen sind. Dieser Aufwand sollte idealerweise so gering wie möglich gehalten werden.
  • Bei Personen ohne Smartphones/Tablets erfolgt das Hochladen der geforderten Dokumente über den Gruppenadministrator, also der Person, die die Bestellung ursprünglich im Ticketsystem abgesetzt hatte. Diese Person kann zu beliebigen Zeitpunkten entscheiden, ob sie sich weiterhin um die Dokumente der Gruppenmitglieder kümmern möchte oder nicht. Sobald die Email-Adresse für ein Gruppenmitglied angegeben wird, ist diese Person ab diesem Zeitpunkt selbst für die Dokumentation verantwortlich.
  • Automatische Sitzplatzzuordnung unter Berücksichtigung der jeweils aktuell gültigen Auflagen (und diese änderten sich nahezu ständig).
  • Berücksichtigung beliebiger Veranstaltungsorte mit beliebiger Anzahl an Reihen und beliebiger Anzahl Sitzplätze pro Reihe.
  • Darstellung der Sitzplatzbelegung.
  • Unterstützung des digitalen Impfpasses und der CovPass-App für Nachweise.
  • Unterstützung einer Abendkasse, an der Personen noch verbliebene Restposten kaufen können. Natürlich ist auch hier eine Überprüfung der Dokumente notwendig und damit die Berechtigung zur Teilnahme an der Veranstaltung sicherzustellen.
  • Jede Person muss für jedes gebuchte Ticket jederzeit darüber informiert sein, in welchem Status sie sich befindet (Fastlane, Slowlane) und wie sie den Status von Slowlane zu Fastlane ändern kann.
  • Der Zustand jeder Veranstaltung muss nachvollziehbar und überprüfbar sein: In welchem Prozessschritt befindet sich jede einzelne Person für eine konkrete Veranstaltung? Wie viele Personen können die Fastlane nutzen und wie viele Personen sind auf die Slowlane angewiesen? Je nach Status wissen die Veranstalter genau, wie sie welche Lane personell zu besetzen haben, um einen reibungslosen Einlass zu gewährleisten.
  • QR-Code-Generierung für Fast- und Slowlane für ein kontaktloses Einscannen des Codes über QR-Code-Leser.

Wie gesagt, dies sind nur einige der Anforderungen, die es zu bewältigen galt und die sich teilweise erst während der Projektlaufzeit ergaben. So fanden weitere Stakeholder-Treffen am 05.05. bzw. am 21.05. statt. Bei diesen Treffen präzisierten sich die ursprünglichen Anforderungen oder brachten gänzlich neue Erkenntnisse. Man beachte die letzten beiden Zeitpunkte dieser Treffen. So spät eingebrachte, teilweise gravierende Änderungen hätten unter normalen Umständen und unter Berücksichtigung des Ziels des Ticketverkaufs Anfang Juli jedes normale Projekt zu Fall gebracht. Allerdings war von vornherein klar, dass ein solcher Umfang und unter Berücksichtigung dieser hohen Änderungsdynamik mit herkömmlich bekannten Entwicklungsmethoden unmöglich zu stemmen gewesen wäre. Wenn überhaupt, so war es nur mit dem prozessgesteuerten Ansatz zu schaffen, all diese Anforderungen in der gegebenen Zeit zur Produktreife zu bringen.

Profis zu Besuch

Ein Highlight während der Projektdurchführung war der virtuelle Besuch zweier langjähriger Profis, wenn es um die Umsetzung prozessgesteuerter Anwendungen geht. Juliet Elliott und Helene Cresseveur von der SAP teilten ihre wertvollen Erfahrungen mit den Studierenden, die staunend erfuhren, wie die Beiden seit mehr als 6 Jahren prozessgesteuerte Anwendungen innerhalb der SAP planen, umsetzen und betreuen. Ihre Expertise brachte zusätzlichen Schub und Motivation für die Teams und das Projekt.

Der Rückschlag

Das Projekt machte nach der Festlegung der Prozesse enorme Fortschritte. Es ist typisch für die Entwicklung prozessgesteuerter Anwendungen, dass zunächst nichts zu passieren scheint. Endlos wird über die Prozesse diskutiert, an jedem einzelnen Schritt gefeilt und Alternativen abgewogen. Doch ist diese mühsame Arbeit erst einmal bewältigt, startet der Ansatz durch. Dank seiner kompromisslosen Trennung von Zuständigkeiten können die Teams aufgrund der Vorgaben des Prozesses (daher auch der Name „Prozessgesteuerter Ansatz“) zielgerichtet die verschiedensten Bestandteile der Gesamtanwendung parallel entwickeln. So war es auch in diesem Projekt. Die Teams machten große Fortschritte und die Anwendung befand sich praktisch schon auf der Zielgeraden, als eine Nachricht die Motivation gänzlich zerstörte. Es war der 04.06.2021, als die Nachricht die Runde machte, dass Nachweise für den Kultursommer nicht mehr zu erbringen waren. Damit war die Grundlage der entwickelten Anwendung entzogen worden und natürlich wollten die Veranstalter den erhöhten Aufwand der Nachweispflicht vermeiden. Es war ein herber Rückschlag, die Stimmung verständlicherweise am Boden. Dennoch gelang es Markus Herhoffer in bewundernswerter Weise, die Köpfe der Studierenden wiederaufzurichten und sie trotz dieser Widrigkeiten für das neue Ziel zu motivieren: Die Feature-Demo am Ende des Semesters. Wenn schon die Anwendung nicht live gehen konnte, so wollten Sie es dennoch allen Stakeholdern zeigen, dass diese gewaltige Aufgabe trotz allem zu schaffen war! An dieser Stelle muss betont werden, dass die Studierenden ja nicht Vollzeit an diesem Projekt arbeiten konnten. Dies geschah alles parallel zu ihrem Sommersemester, in dem sie ja auch noch gefordert waren. Dieser Sachverhalt lässt die Leistung der beiden Teams nochmals in einem ganz anderen Licht erscheinen!

Die Feature-Demo

Am 24.06.2021, genau ein halbes Jahr vor Weihnachten, war es dann endlich soweit. Entgegen typischer Feature-Demos, bei denen die Product Owner bzw. die Entwickler die Anwendung bedienen, entschieden sich die Teams für den Echtzeitfall. Ein realer Kunde sollte ihre Anwendung durchlaufen, soweit dies aufgrund der bekannten Pandemiebeschränkungen über Online-Meetings überhaupt möglich war. Prof. Rasch war dankenswerterweise bereit, diese Rolle zu übernehmen. Er nahm die Rolle des Bestellers ein, drückte endlich auf seinen Mausknopf und der angeklickte Link führte ihn zur webbasierten Bestellseite für die Tickets. Unter sachkundiger Führung von Jannik Füllgraf, Product Owner des Teams „Sette Formaggi“, das sich für den Ticketprozess verantwortlich zeichnete, bestellte er drei Tickets für ein Konzert. Nach Kauf der Tickets begann der Ticketprozess zu laufen. Die Prozess-Maschinerie im Hintergrund nahm ihre Arbeit auf. Emails an den Besteller und die mitbetreuten Personen wurden verschickt und erreichten ihre Adressaten. Weitere Emails erinnerten die beteiligten Personen an die noch fehlenden Unterlagen, die sie zur Benutzung der Fastlane berechtigen. Jannik Füllgraf forderte Prof. Rasch im Anschluss dazu auf, Nachweise hochzuladen. Daraufhin veränderten sich die Status der beteiligten Personen und die typischen Symbole für Slowlane (Schnecke) und Fastlane (Känguru) visualisierten die aktuellen Zustände der jeweiligen Tickets:

Abb. 1 Ticketdarstellung

Jetzt kam die Stunde des Betreibers der Anwendung. Gefordert war die Anzeige der Zustände der verschiedenen Prozessinstanzen für die verschiedenen Tickets. Diese Rolle übernahm Nicolas Raballand, ebenfalls Mitglied des Teams „Sette Formaggi“. Sicher führte er durch die verschiedensten Anzeige- und Analysemöglichkeiten der Anwendung. Beeindruckend war die Transparenz, die prozessgesteuerten Anwendungen innewohnt. Jedes einzelne Ticket kann individuell nachverfolgt werden, welchen Weg das Ticket durch einen bestimmten Prozess nahm. Folgender Screenshot zeigt den Zustand des Ticket-Prozesses für ein Ticket, dessen Nachweis bereits hochgeladen wurde:

Abb. 2 Zustand des Prozesses nach Hochladen des Nachweises

Nach weiteren Eingaben von Prof. Rasch konnte Hr. Raballand erklären, welche Auswirkungen diese Eingaben auf den weiteren Prozessablauf nahmen.

Doch damit nicht genug. Als nächste Rolle demonstrierte Luis Wegenast, seines Zeichens Product Owner von Team „Fat Clients“, die Funktionen der Platzzuweisung und der manuellen Bestätigung der hochgeladenen Dokumente. Er begann mit der Visualisierung der Sitzplätze mit der aktuellen Sitzplatzbelegung für das von Prof. Rasch gewählte Konzert. Farblich waren die belegten, freien und aufgrund von Corona-Auflagen gesperrten Plätze erkennbar. Ein Algorithmus stellt die Einhaltung aktuell geforderter Einschränkungen sicher. Sollten sich diese Vorgaben ändern, so erfolgt vollautomatisch eine Neuzuordnung.

Abb. 3 Sitzplatzbelegung

Nun blieb noch die Präsentation des Dokumentenabgleichs: Hat die Person gültige Dokumente hochgeladen? Dazu wechselte Hr. Wegenast in eine spezielle Listenansicht, in der sämtliche zu überprüfenden Dokumente aufgelistet wurden. Er pickte sich eines dieser Dokumente heraus. Die Anwendung brachte sowohl den Inhalt des Dokuments als auch die bei der Bestellung getätigten Angaben nebeneinander zur Anzeige, so dass es für den Bedienenden ein Leichtes war, die Gültigkeit des Dokuments zu verifizieren:

Abb. 4 Abgleich der eingegebenen Daten gegen die Daten des hochgeladenen Dokuments

Kaum bestätigte Hr. Wegenast die Gültigkeit, waren sämtliche Voraussetzungen bei dem Ticket für die Nutzung der Fastlane erfüllt. Das Symbol seines Tickets änderte sich von Schnecke zu Känguru und er erhielt einen QR-Code, den er am Tag der Veranstaltung nur noch dem Bedienpersonal vorhalten musste, um Zutritt zum Veranstaltungsgelände zu bekommen. Tatsächlich zeigte dies Manuell Wittmann vom Team „Sette Formaggi“ den teilnehmenden Stakeholdern in einer letzten Demo. Mit einer kleinen App auf seinem Smartphone scannte er den generierten QR-Code ein, die Anzeige änderte sich auf „grün“ und signalisierte damit die Berechtigung zum Betreten des Geländes.

Abb. 5 Einchecken des Besuchers – Ansicht für das Bedienpersonal

Fazit

Es war geschafft! Unter virtuellem Applaus bedankten sich die Stakeholder bei den Studierenden und zollten ihnen ihren Respekt. Sie hatten wirklich Außergewöhnliches geleistet und dabei Geschichte geschrieben, obwohl das die Wenigsten wahrscheinlich registrierten. Sie haben eine Pionierleistung vollbracht, da sie als Erste den prozessgesteuerten Ansatz für ein professionell entwickeltes Produkt eingesetzt und damit eine neue Ära von Geschäftsanwendungen eingeläutet hatten. Zum ersten Mal entstand auf dem Wege des prozessgesteuerten Ansatzes eine vollständig transparente Anwendung, in der zu jedem Zeitpunkt alle Zustände sichtbar waren! Der Nutzen, der sich allein dadurch ergibt, kann nicht hoch genug bewertet werden. Herkömmlich programmierte Standardanwendungen liefern diese Transparenz nicht, worunter ja die Nutzer derartiger Software auch massiv leiden. Gleichzeitig war es dem Ansatz aufgrund seiner Architektur zu verdanken, die geforderten Anforderungen in der gegebenen kurzen Zeit zu realisieren, ohne dabei Flexibilität und Anpassbarkeit zu opfern. Dies sind ebenfalls Eigenschaften, die herkömmlich programmierte Lösungen vermissen lassen.

Die Studierenden haben eine wegweisende Innovation präsentiert, wie dies selbst größte Konzerne nicht schaffen. Es zeigt sich einmal mehr, dass Disruptionen an anderen Stellen als bei den großen Playern der IT-Branche entstehen. Herzlichen Glückwunsch daher an die Teams und an Markus Herhoffer für seinen unermüdlichen Einsatz sowie sein grandioses Management dieses anspruchsvollen Projektes. Auch wenn das Produkt letztendlich nicht eingesetzt wurde, so steht es dennoch ab sofort anderen Veranstaltern zum sofortigen Einsatz zur Verfügung. Das Produkt ist „production ready“ und kann mit Sicherheit an anderer Stelle das eine oder andere Event noch retten! Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum der eingangs erwähnte Klick eines Tages in die Geschichte eingehen könnte…

Mein Dank geht an:

Markus Herhoffer (exentra GmbH)

Robert Eberl
Cedric Friedrichs
Jannik Füllgraf
Matthias Hackl
Simon Hamberger
Qiankai Lei
Christoph Miksch
Felix Otter
Nicolas Raballand
Noah Schneider
Luis Wegenast
Lukas Weigl
Manuel Wittmann

Ein besonderer Dank geht an Matúš Mala von der Firma Flowable. Er unterstützte mit einer Spezialsoftware, einer sogenannten Process Engine, die es ermöglicht, grafisch erstellte Prozessmodelle (siehe Abb. 2) auszuführen. Er stand stets mit Rat und Tat beim richtigen Einsatz des Flowable-Produkts zur Seite.

Wie geht es weiter?

Ein Teil des Teams bleibt zusammen und treibt das Produkt weiter voran. Es ist also ein weiteres Beispiel dafür, wie aus erfolgreichen Projekten neue Unternehmen entstehen. Markus Herhoffer hat nun endlich wieder Zeit für Musik und ich freue mich über einen realen Showcase für den prozessgesteuerten Ansatz, anhand dessen ich die Architektur von modernen zukunftsweisenden Unternehmensanwendungen erläutern kann 😊. Denn auch das ist bemerkenswert: Der im Projekt eingesetzte Prozessgesteuerte Ansatz wird weltweit ausschließlich an der Technischen Hochschule Ingolstadt nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch gelehrt. Gerade die praktische Ausbildung der Studierenden ist also ein echtes Alleinstellungsmerkmal der Ingolstädter Hochschule und steigert die Einstellungschancen der Studierenden nach deren Abschluss. Wenn das mal kein Grund ist, sich an der THI für Wirtschaftsinformatik einzuschreiben…